Wie ist es uns ergangen, lernen die Kinder auch was? – Die Grundsatzfrage!
Drei Monate häuslicher Unterricht haben wir nun. Drei Monate, in denen sich meine Kinder teils frei, teils “beschult” bilden durften.
Unser Deschooling Prozess (die Übergangsphase vom “zur Schule gehen müssen” – hin zum sich freiwillig gerne bilden) dauerte von Juli (also ab Ferienbeginn) bis ca. Anfang November. In dieser Phase durften meine Kinder einfach nur Kind sein, ohne Verpflichtungen, ohne Druck.
Ganz ehrlich? Es war teilweise richtig turbulent. 😉
Es dauerte einige Zeit, bis aus uns ein richtig gutes Team wurde. Natürlich verbrachten wir auch vorher die meiste Zeit zusammen, dennoch waren wir systembedingt (Schule, Hort, Arbeit) sehr oft voneinander getrennt. Die Regeln mussten neu definiert werden um ein friedliches Miteinander zu gewährleisten. Keinerlei Fremdbetreuung zu haben, kann nerven-zehrend sein, wenn der Umgang untereinander nicht friedlich und liebevoll ist.
September und Oktober verbrachten wir auf La Palma.
Dies hatte den großen Vorteil, dass beide Kinder von ganz alleine wieder ins spielerische Lernen hinein fanden. Wunderschön zu beobachten war, dass die Neugierde jeden Tag ein bisschen größer wurde.
Was ist das für eine Sprache, warum sind die Menschen hier so entspannt? Was für ein tolles Gefühl ist es, Lavafelder zu erkunden, Vulkane zu besteigen und Raben aus der Hand zu füttern? Warum haben Kanarische Kiefern so lange Nadeln und warum ist Trinkwasser so knapp, wo doch die Insel mit Wasser umspült wird?
Es ist wunderschön, den Kindern diese Fragen seelenruhig beantworten zu können, da ich ja selbst auch nichts zu tun habe und mich voll und ganz darauf einlassen kann. Die Kinder veränderten sich in dieser Zeit sehr. Viele Menschen haben wir kennen gelernt und immer wieder kam die Aussage, dass Julian ein sehr ruhiger Junge sei. Mit jedem Mal schwoll der Stolz in meiner Mutterbrust ein bisschen mehr.;-)
Hat wer von euch auch einen Jungen im Schulsystem, der nie ruhig sitzen kann? Den die Eltern Tag für Tag unterm Tisch hervorziehen, um ihn in die Schule zu bringen? Der seine Aufgaben im Extraraum alleine erledigen muss und ständig schreit, er hasse diese blöde Schule? Ein Junge, der körperlich mit Neurodermitis und Schleimhautentzündungen im Mund reagiert und doch macht niemand was? Ein Junge, der in seiner Verzweiflung anderen Kindern weh tut? Die Liste könnte vermutlich endlos weitergeführt werden. Ich denke aber, es gibt genug solche Jungs, denn nicht umsonst wurde Ritalin erfunden. 😉
Julian ist tatsächlich sehr ausgeglichen geworden. Seit November arbeiten wir mit den Schulbüchern und selbst das lässt ihn (die meiste Zeit) kalt. Er regelt das auf seine Weise und ich bin jeden Tag froh und dankbar, uns für diesen Weg entschieden zu haben.
Interessant ist der Unterschied zwischen den Kindern. Während Julian kaum Anleitungen wünscht, beschäftigt sich Annika sehr gerne mit den Büchern , um eine gewisse Struktur zu haben. Sie war drei Jahre in der Schule und ihr gefällt dieses System. Sie findet es trotzdem besser, zuhause zu lernen, weil sie “Pause machen kann, wann sie will.”
Sehr gerne nimmt sie Freizeitangebote wie “Englisch”, “Zumba”, “Kinderturnen”, “Volleyball”, “Reiten” und “Geige” an. In diesen Stunden ist sie mit ihren Freundinnen unterwegs und genießt ihre Freiheit.
Gelernt wird bei immer und überall. Das läuft aber grundsätzlich sehr entspannt ab bei uns. Getan wird, worauf man Lust hat. Und ob das jetzt Rechnen, Lesen, Schreiben oder sonst was ist, ist an sich nicht so wichtig. Heckhausen schreibt “entscheidend ist, dass die Person das Erlebnis hat, selbstbestimmt (selbstintentional) zu handeln und dass sie glaubt, an einem als wertvoll erachteten Gegenstand zu arbeiten.” (vgl. Heckhausen, J und Heckhausen, H. (2009): Motivation und Handeln , Heidelberg, Springer Verlag)
Im häuslichen Unterricht sehe ich die Möglichkeit, Neugierde und Interesse zu wecken, weit mehr gegeben als in der Schule. Dort sollte dies zwar passieren, ist aber mitunter aus diversen Gründen nicht immer möglich. Doch eines ist sicher, Kinder möchten IMMER etwas Interessantes tun. Dies muss nicht immer mit den Ansichten von Lehrer /innen und Erwachsenen übereinstimmen. Dennoch kann man mit dieser natürlichen Neugierde und Lust immens gut arbeiten.
Da bei uns sämtliche Stress-Posten weggefallen sind, geht es uns richtig gut. Es bleibt sehr viel Zeit für Dinge, die man immer schon ausprobieren wollte. Es bleibt sehr viel Zeit, die Dinge zu hinterfragen. Und es bleibt sehr viel Zeit heraus zu finden, was man wirklich gut kann. Und das ist so schön, und macht so glücklich!
Einzig die spitzen Kommentare unserer näheren Umgebung geben uns sehr zu denken. Scheinbar sind wir sehr dumm, denn wie sonst könnten wir auf die Idee kommen, die Bildung unserer Kinder selbst in die Hand zu nehmen? Selbst die Verantwortung für unser Leben zu übernehmen? Glücklich zu sein?
Alles seeeehr dubios bei uns 😉
So what, take it easy!
Deine
Kerstin
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Hi Kerstin,
das liest sich sehr fein 🙂
Freue ich für euch dass ihr so viel positive Erlebnisse haben durftet…ich bin hier im nördlcihen Burgenland zuHause , habe meine Kinder auch zu Hause und bin dabei unseren kleinen Verein immer weiter so zu gestalten dass Lernen, Spielen, erleben immer runder in einer Gruppe von altersgemischten Kindern läuft…Vieles ist wunderbar und oft denken wir wenn wir mit den Kindern draußen unterwegs sind daran dass andere Kinder nun stundenlang in der Schule sitzen müssen….Unsere Basisstation sind ein Tiipi und ein Bauwagen und unsere Lernräume riesengroß da die Natur rundum 🙂 alles liebe und alles gute wünscht Veronika
Hallo Veronika! Ich freu mich über dein Statement! Das klingt wundervoll, was ihr macht! Alles Liebe und Gute für euch 🙂
Hallo Veronika,
wo seid ihr zuhause? Ich würde gerne Kontakt mit euch aufnehmen 🙂
Wir sind auch in Burgenland.
Ganz liebe Grüße!
Petra
Hallo wir sind auch ins bgld gezogen. Wo und wie melde ich das homeschooling an? Ich finde es toll das wir die Verantwortung übernehmen wollen. LG conny
Liebe Cornelia,
Wenn du deine Kinder im häuslichen Unterricht lernen lassen möchtest, meldest du das deinem zuständigen Bezirksschulinspektor. Findest du auch über Google. 🙂 Alles Liebe!