Freilerner und Sozialisation – sind sie nicht einsam und gesellschaftsunfähig?

Kinder, die nicht zur Schule gehen sind  nicht gesellschaftsfähig, können sich nicht anpassen,  sind einsam und grundsätzlich unsozialisiert.

Kinder müssen zur Schule, denn das Leben ist kein Wunschkonzert! Oder doch?

Ein wunderbarer Gastartikel von Nadine Wiedmann von der Ökofamilie    – www.ökofamilie.de

Immer wieder kommt die Frage und immer wieder geben wir dieselbe Antwort. Deshalb muss jetzt ein Beitrag her. Wir wollen euch zeigen, dass Freilerner keineswegs einsam sind und ebenso gesellschaftsfähig sind, wie Kinder, die eine Schule besucht haben. Sie nehmen an der realen Welt teil und werden nicht in einem Raum mit 30 anderen gleichalterigen Kindern eingepfercht. Dazu später mehr. Zuerst widmen wir uns folgender Frage:

Sind Freilerner nicht einsam?

Interessant zu wissen wäre, warum man sich überhaupt diese Frage stellt. Warum geht man davon aus, dass ein freier Mensch einsam sein könnte? Er kann sich schließlich aussuchen, mit wem oder was er seine Zeit verbringt. Und wenn er sie alleine (selbst dann immer noch mit sich selbst) verbringt, ist das seine eigene Entscheidung, die respektiert werden muss. Es gibt Menschen, die nicht viel Wert auf soziale Kontakte legen und lieber 1-2 richtig gute Freunde haben. Das hat wenig mit Vereinsamung zu tun, mehr damit, dass einem die Welt manchmal zu viel werden kann. Gerade introvertierte Menschen haben es in der Schule oft sehr schwer.

Wo und wie findet man überhaupt Freunde? Für Freilerner scheint es von außen betrachtet sehr schwer zu sein, überhaupt an soziale Kontakte zu kommen. Wir gehen ständig davon aus, dass man Freunde ausschließlich in der Schule (oder Kindergarten) findet und diese dann auch ein Leben lang halten. Warum eigentlich? Warum meint man, Freilerner würden sich den lieben langen Tag zu Hause vergraben und ein Einsiedlerleben führen? Die meisten Familien, deren Kinder freilernen, sind tatsächlich viel unterwegs (oft dauerhaft auf Reisen) und führen ein vergleichsweise aufregendes Leben. Kontakte bleiben da nicht aus!

Ebenfalls gibt es dank dem Internet inzwischen ein riesiges Netzwerk, voll mit anderen Familien, die ihre Kinder ebenfalls frei aufwachsen lassen. Es findet also auch Austausch statt, genauso wie regelmäßige Treffen – rund um den Globus.

Aber auch Freilerner, die ein festes Umfeld haben, sind keineswegs einsam. Im Gegenteil. Es erfordert lediglich mehr Einsatz vonseiten der Eltern. Üblicherweise kein Problem, da Eltern von Freilernern engagierter sind als Eltern, welche die Bildung ihrer Kinder dem Staat überlassen. Das ist kein Angriff auf Eltern, die ihre Kinder in die Schule schicken – bitte nicht falsch verstehen! Die Verantwortung liegt im Fall von Freilernern ausschließlich bei den Eltern, die aktiv werden müssen, damit die Kinder nicht tatsächlich untergehen, wie es oft angenommen wird. Ich kann euch versichern, dass alle Eltern die wir kennen, das Beste aus sich herausholen, um ihren Kindern gerecht zu werden.

Schule und soziale Kontakte

Wir gehen davon aus, dass nur die Schule (oder der Kindergarten) gut sozialisierte Menschen hervorbringt. Aber wie weit stimmt diese Aussage? Folgende Studie vom Frasier Institut Kanada beweist das Gegenteil! Gute Erfahrungen in der Schule machen oft nur die Alphatierchen unter den Schülern sowie die Mitläufer, die alles stillschweigend tolerieren und damit gut fahren – im schlimmsten Fall werden die Kinder sogar gemobbt. Es herrschen überwiegend eindeutige Strukturen, aus denen man kaum ausbrechen kann, ohne dass Lehrer und Eltern gleich das Schlimmste vermuten. Wie das zusammenpasst, ist mir ein Rätsel. Bedeutet es, gut sozialisiert zu sein, wenn man anderen hinterherrennt und auf den Schwächeren herumhackt? Oder, wenn man grundsätzlich ja sagt, um akzeptiert zu werden?

In der Schule ist es nicht möglich, mit den Menschen zu lernen, mit denen man auch lernen möchte. Oder von denen man lernen möchte. Man wird dazu genötigt, mit 30 anderen Schülern klarzukommen, ob man will oder nicht interessiert niemanden. Schließlich muss man sich doch anpassen oder? Muss man sich wirklich an ein fast schon von Grund auf falsches System anpassen? Muss man seine Zeit mit Menschen verbringen, die man nicht ausstehen kann, die einen selbst auch nicht mögen? Die Schule ist ein künstlich geschaffenes Konstrukt. Es wird ein künstliches Umfeld geschaffen, für Kinder im jeweils gleichen Alter, die so nur miteinander lernen können, jedoch nicht voneinander. Und das Miteinander fällt oft leider weg. Die Schule ist ein einziger Kampf um gute Noten und Anerkennung. Müssen sich Kinder wirklich erst beweisen, um ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft sein zu können?

Welchen Wert also, haben „erzwungene“ bzw. herbeigeführte soziale Kontakte und wie wirkt sich das auf das Lernverhalten aus?

Das Leben ist kein Wunschkonzert – oder doch?

Können soziale Kompetenzen nicht eher erworben werden, wenn wir uns unser soziales Umfeld aussuchen können? Es gibt Milliarden Menschen auf der Erde und wir sollen uns unter gerade einmal 30 davon einen heraussuchen. Wenn aber keiner passt, werden wir zum Außenseiter. Wir alle wissen, was das bedeutet.

„Man muss lernen, mit Autoritäten zurechtzukommen und auch damit, dass nicht immer alles nach Wunsch läuft“. Man möchte meinen, ein freier Mensch sei nicht gesellschaftsfähig. Er kann sich nicht unterordnen und schon gar nicht anpassen. Warum muss man sich jemandem unterordnen, der einen selbst eventuell nicht anerkennt? In der Schule hat der Lehrer das Sagen, die Macht, die Gewalt über alle Schüler. Für Zweifler bleibt hier kein Raum, was nicht gewünscht wird, wird ausgemerzt. Wie können wir lernen, wenn wir nicht zweifeln oder abweichen dürfen? Wir folgen einem sturen Plan, ausgedacht von Menschen, die sich weit weg von unserer eigenen, tatsächlichen Realität bewegen.

Das ist kein echtes Lernen und soziale Kompetenzen können so nicht erworben werden. Um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, muss der Mensch die Dinge selbst erfahren. Sich und die Welt hinterfragen und mit anderen gemeinsam interagieren. Gemeinsam ist hier der Punkt. In der Schule arbeiten wir grundsätzlich gegeneinander. Freilerner haben sogar eher die Möglichkeit, echte soziale Kompetenzen zu erwerben. Sie müssen sich nicht auf Menschen ihren Alters beschränken. Ihnen steht die Welt offen und sie können sich mit Menschen jeden Alters, jeder Berufsgruppe und jeder sozialen Schicht abgeben.

Warum fragen wir nach den sozialen Kontakten?

Wir gehen einfach davon aus, dass Freilerner ihr Leben im Keller verbringen und weggesperrt werden. Weil es in Deutschland nicht erwünscht ist? Ich weiß es nicht. Natürlich meint man es nur gut, aber woher kommt diese Angst, die viele Menschen umtreibt? Vielleicht haben wir Angst die Kinder wüssten sich nicht zu benehmen? Oder sie könnten abweichenden Normen entsprechen? Im Grunde geht es wohl einzig darum, dass sie sich im späteren Leben auch an die Gesellschaft anpassen können, oder besser gesagt, dass sie sich auch zurechtfinden. Arbeit finden, den Chef akzeptieren können, verstehen, dass man nicht der Mittelpunkt der Welt ist.

Dazu muss man sagen, dass Freilerner keine wilden, unbändigen Kinder sind, die den lieben langen Tag das tun, wonach ihnen der Sinn steht. In gewisser Weise schon, jedoch gibt es grundlegende Dinge, an die man sich hält – Dinge wie Höflichkeit, Respekt und Toleranz, die man automatisch lernt. Und gerade Freilerner können sich besser anpassen, als Kinder die eine Schule besucht haben. Sie brauchen keine wilde Findungsphase um herauszufinden, wer sie sind und wohin es gehen soll. All das wissen sie bereits. Sie können sich eher in bestehende Strukturen einbringen, da sie mehr Verständnis aufbringen können. Sie kennen die Welt, wie sie ist und mussten nicht in leblose Bücher starren (ich liebe Bücher 😉 ), um eine Ahnung davon zu bekommen, wie der Hase läuft.

Freilerner können auch sehr gut Autoritäten akzeptieren. Das muss man nicht erst mit Gewalt lernen. Das läuft schon fast von selbst. Für gewöhnlich schließt sich ein Mensch jemandem an, der mehr weiß, als er selbst – auch Freilerner. So ordnen wir uns freiwillig unter, erkennen die Autorität freiwillig an und können so frei lernen. So können wir uns unsere Begeisterung erhalten und herausfinden, was uns wirklich erfüllt. Was wir wirklich mit unserem Leben anfangen wollen. Und dann wird das Leben zum Wunschkonzert.

Was wir nicht wollen

Wir wollen noch einmal betonen, dass wir niemanden abwerten wollen, niemanden kritisieren wollen und auch niemanden verärgern wollen – weder Eltern noch Lehrer. Wir wissen, dass es Lehrer wirklich schwer haben und auch, dass es tolle Schulen gibt. Leider kann aber nicht jedes Kind eine tolle Schule und einen tollen Lehrer erwischen! Natürlich kann sich auch nicht jeder ein solches Leben vorstellen und für manche ist es gut so, wie es ist. Und wenn man einen Weg gefunden hat, der für alle funktioniert, ist das großartig! Wir wünschen uns nur mehr Wahlfreiheit und mehr Rechte, wenn es um die Bildung unserer Kinder geht. Das ist alles.

Bis dahin – Eure Ökofamilie

 

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Danke fürs Teilen!
Veröffentlicht am
Kategorisiert in Freies Lernen

Von Kerstin

*Lehrerin für landwirtschaftliche Fachschulen *Mama von 2 Teenagern, die seit 2016 durchgehend im häuslichen Unterricht sind *Spirituelle Frauenbegleiterin, Pferdegestützter Caoch & Lebensfeuerentfacherin (emotionale) Freiheit, Tanzen, Reisen, Pferde Ich liebe es, dich in deine Mitte zu begleiten, dich zu motivieren und dir zu zeigen, dass du so wie du bist, vollkommen richtig und wichtig bist! Wenn du magst, bringen wir all die traurigen Anteile in dir in Heilung und stärken dein Ja für dieses Leben! With Love, deine Kerstin

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